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Trolle der Posthistoire. Zur Hetze gegen Stefanie Sargnagel

Veröffentlicht am 14.03.2017

Die ekelerregenden Vorgänge um Stefanie Sargnagels satirisches Reisetagebuch werfen ein grelles Licht auf ein Narrativ, das dieser Tage die Runde macht.

Teile neokonservativer und neurechter Bewegungen 'argumentieren': Nun ist's doch aber mal gut mit dem ewigen Fortschritt. Gleichberechtigung und Gender und Aufschrei gegen sexuelle Gewalt und generell Frauenbashing und so, das mochte schon irgendwie vielleicht einmal seine Berechtigung gehabt haben, jaja, damals, aber mittlerweile sind wir doch, ich bitte Sie, schauen Sie doch bloß mal nach Pakistan oder Afghanistan, gell, und nach Simbabwe, in einem Elysium der Gleichberechtigung und der Gleichstellung angekommen. Dabei fallen die selbsternannten Hüter und Wahrer "europäischer Werte" sogar meilenweit hinter den nun wirklich ziemlich alteuropäischen Philosophen Immanuel Kant zurück. Der nämlich wusste, dass er in einem Zeitalter der Aufklärung, nicht aber in einem aufgeklärten Zeitalter lebte. Genauer gesagt: Ein Zeitalter, das sich als aufgeklärt wähnt, ist eben dies nicht. Es wird selbstgerecht, schlapp und müde, vernachlässigt sich, fällt zurück in den Feudalismus.

Mit dem Fortschritt, nicht nur, was Gleichberechtigung, Emanzipation, Schutz vor Gewalt jeder Art sowie Recht auf Gerechtigkeit im Allgemeinen anbelangt, verhält es sich wie mit einem jahrelang auftrainierten Muskel: trainiert man ihn nicht weiter, so behält er nicht etwa sein Volumen. Sondern er schrumpft. Wer meint, es gäbe keinen Sexismus mehr und nun solle doch endlich ein bisschen Ruhe einkehren, nur weil irgendwo irgendwer irgendeine Quote eingeführt hat oder weil in irgendeinem Paragraphen irgendwas von Gleichstellung steht oder weil Frauen hier Auto fahren dürfen oder weil man auf der Straße doch eigentlich eher selten so wirklich beleidigende Beleidigungen hört, der täuscht sich. Nicht nur Hass und Ideologie sind Motoren der Regression (die können ziemlich anstrengend sein, wenn sie raus aus dem Meanspace der Trollhöhlen und rein in den Meatspace müssen). Sondern auch der Wunsch, sich ins weiche Bett der posthistoire zurücklegen zu können.