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@ Sixt: Werbung auf Kalabrisch

Veröffentlicht am 30.10.2015

Unlängst in einer Zürcher Tram. Die Autovermietung Sixt hat alle Wagons mit einem neurotischen Orangeton und markigen Werbeslogans bekleckert. So ruckelt denn die geballte Scheinheiligkeit des Abendlandes in schönster Prägnanz durch die Stadt: In einem Vehikel, das Klimaschutz verheißt, wird geworben für Vehikel, die denselben zunichte machen. Chapeau!

Mit dem Sixt-Tram erreicht die Werbehysterie eine neue Qualität. Sixt begnügt sich nicht damit, Produkte zu inszenieren. Vielmehr bedient sich die Firma Methoden, die man eher in Kalabrien vermuten würde. So prangen auf den Fenstern opake Folien, bedruckt mit den Worten: "Diese Werbung versperrt Ihnen die Sicht? Garantiert werbefrei: Die Sicht aus einem günstigen Geländewagen von Sixt." Man stelle sich einen Typen vor, der ein Haus anzündet und die flüchtenden Bewohner vor der Türe mit einem Feuerlöschersortiment erwartet. Oder einen Supermarkt, der verschimmeltes Essen mit dem Hinweis verkauft, im Edelrestaurant nebenan gäbe es schimmelfreie Mahlzeiten. Mafiöse Prinzipien zeichnet bekanntlich aus, dass sie Schutz gegen Bedrohungen versprechen, die sie selbst darstellen. Sixt befindet sich somit in bester Gesellschaft. Der erwartbare Hinweis "Ironie!" hilft hier nicht weiter, schließlich sind die Kleber faktisch da. Ironisch wäre es, wäre die Sichtversperrung unsichtbar. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich beim Zürcher Verkehrsverbund um eine Anstalt öffentlichen Rechts handelt. Deren Fahrzeuge erschließen das, was man in idealistischeren Zeiten einmal "öffentlichen Raum" nannte. Wie kam es dazu, dass dieser so selbstverständlich, so widerspruchslos zu einem Palimpsest merkantiler Abschabungen und Überschreibungen werden konnte?